Abt. Amtlich: Neulich bei der Frauenförderungsstelle

13.04.2014 12:21

Mir ist persönlich ein Fall bekannt, in dem eine Frau es geschafft hat, mehrfach Fördergeld einzustreichen für ihr Vorhaben, sich aus der Arbeitslosigkeit heraus als astrologische Beraterin selbständig zu machen. Dafür gab´s Geld aus den verschiedensten Töpfen. EU - Mittel, Bundesförderung, Landesförderung, Frauenspezialförderung, Tod und Teufel. So genau kann ich das jetzt auch nicht mehr alles aufzählen. 

Da ich weiß, dass sie es nie darauf angelegt hatte, wirklich ein Geschäft aufzubauen, - ich meinerseits auch keine Pläne habe, nochmal eines aufzubauen, andererseits aber Geld, für das man nichts tun muss, für leicht verdientes Geld halte, beschloss ich neulich, einmal das Amt für die Förderung von Frauen jedweden Grades an patriarchatsbefreiter Unternehmungsbereitschaft aufzusuchen. 

Ich gedachte, die ökologische Schiene zu bedienen, indem ich vorgab, eine private NGO für die farbliche Vielfalt bedrohter Froscharten zu gründen - bunt erschien mir zuverlässig förderungswürdig -, um grüne Frösche in allen möglichen Farben anzumalen. Den Businessplan hatte ich im Kopf. Einerseits wollte ich arbeitslosen Malerinnen zu einer sozialversicherungspflichtigen Arbeitsstelle verhelfen und außerdem wollte ich den Fröschen bunte Vielfalt angedeihen lassen. Sollte funktionieren, dachte ich mir - und hatte dabei noch einen Trumpf in der Hinterhand, der jedwede Ablehnung meines Ansinnens zuverlässig vereiteln würde. Denn andererseits bin ich ein Mann. Ein großer, kräftiger Mann sogar. Und ich habe einen Bart.

Lange musste ich nicht warten, bis ich zur Sachbearbeiterin für Anträge mit östrogenalem Hintergrund vorgelassen wurde. Die Frau war klein und stämmig, hatte rot gefärbte Haare und so eine Frisur, die Feministinnen gerne haben. Im Nacken ganz kurz, an den Seiten nach vorne hin immer länger werdend. Ich glaube, die wollen damit symbolisieren, dass sie sich für Delinquentinnen halten, denen im nächsten Moment von der patriarchalischen Guillotine der Kopf abgeschlagen werden soll. Die Opferfrisur der notorisch Unterdrückten, Vergewaltigten und Enthaupteten eben. Ein stämmiger Zopf im Nacken wäre bei der Exekution bloß hinderlich. Und blond geht sowieso nicht. Sie hatte so ein Palästinensertuch um ihren dicken Hals gewickelt, welches ihr Doppelkinn unvorteilhaft betonte. Misstrauisch beäugte mich das Frettchen hinter den dicken Gläsern jener verunglückten Brille, welche ihr pickeliges Vollmondgesicht dominierte, als ich, Frohsinn und Unternehmungsgeist verströmend, ihr Büro betreten hatte.

- "Guten Tag!"
- "Guten Tag. Was wollen Sie?"
- "Ich möchte einen Antrag auf Frauenförderung für Unternehmungsgeist ..."
- "Sind Sie im Auftrag Ihrer Frau oder Ihrer Lebensgefährtin hier? Haben sie eine Vollmacht?"
- "Brauche ich nicht. Selbst ist die Frau."
- "Ja ... wie ... Sie sind doch gar keine Frau!"
- "Werden Sie nicht unverschämt! Selbstverständlich bin ich eine Frau!"
- "Sie sind ein Mann! Sie haben einen Bart!"
- "Das ist nur ein Damenbart und mein Epiliergerät ist kaputt."
- "Aber sie haben auch eine tiefe Stimme. Ihr Geschlecht ist eindeutig männlich!"
- "Das ist ein Vorurteil. Hätte nicht gedacht, dass ich hier auf Personal treffe, das ewiggestrigen Vorstellungen von Geschlecht nachhängt. Das ist Biologismus, was Sie hier betreiben! Kennen Sie die Staatsanwältin aus dem Tatort Münster? Münster, das ist der Tatort mit Börne & Thiel. Kennen Sie die? Die hat eine tiefe Stimme. Und sie ist eine Frau."
- "Das ist Fernsehen. Und hier ist Realität. Sie sind ein Mann!"
- "Bin ich nicht! Und wenn Sie nicht aufhören, mich als Mann zu beschimpfen, muss ich weinen. Wollen Sie das? WOLLEN SIE DAS? Mein Geschlecht ist rein soziologischer Natur, ein soziales Konstrukt. Wir leben in einem freien Land, wo ich mir mein Geschlecht selber sozial konstruieren darf. Ich bin eine Frau! Ich fühle mich so! Hach ... "
- "Können Sie das auch beweisen?"

Ich wusste natürlich vorher, dass diese Frage kommen würde. Auf einem deutschen Amt geht ohne Nachweis gar nichts. Ich hatte mich vorbereitet. Breitbeinig stellte ich mich vor ihrem Schreibtisch auf, begann, kreisende Bewegungen mit den Hüften zu machen und öffnete langsam den Reissverschluss meiner Jeans. Die Glupschaugen hinter ihrer dicken Brille schienen jeden Moment aus den Augenhöhlen zu ploppen. Dann zog ich den Hosenstall etwas auseinander und gab den Blick auf meine Unterwäsche frei. Brüsseler Spitze, schwarz. Mit aufgestickter, roter Rose. 

Sie räusperte sich, nahm kurz die Brille ab, drückte mit ihren Wurstfingern die Augen wieder in den Schädel zurück und sagte dann, dass ich den Reissverschluss wieder schließen könne. Dann griff sie zu einem Blatt Papier, nahm sich einen Stift und schien bereit, sich die Eckdaten meines Businessplans zu notieren. 

"Sie wollen sich also als Frau selbständig machen?", fragte sie. Ich meine, ich hätte dabei immer noch so etwas wie unwirschen Unwillen in ihrer Piepsstimme vernommen. Aber es kümmerte mich nicht. Sie hatte mich offiziell als Frau akzeptiert. Also erwiderte ich: "Hach ja, ich möchte gerne mit ein paar anderen Frauen zusammen eine patriarchatsfreie Nichtregierungsorganisation gründen, um Frösche bunt anzumalen, damit die Ökologie bunt wird und Sozialversicherungspflicht für Frauen entsteht." Sie kritzelte ihre Notizen.

- "Wie wollen Sie Gewinn erwirtschaften?"
- "Förderungsmittel abzüglich Kosten für Farbe, Pinsel, Löhne und Sozialversicherungskosten."
- "Klingt vielversprechend!"
- "Tut es. Im Wesentlichen hängt es von der Höhe der Förderungsmittel ab. Und wie hoch die ausfallen, bestimmt ja genau der Staat, der meinen geschäftlichen Erfolg fördert und daher auch will."
- "In der Tat. Todsichere Angelegenheit. Ohne Ihnen jetzt eine verbindliche Zusage zu geben: Das können wir fördern, glaube ich. Wollen Sie den Gewinn reinvestieren?"
- "Ach woher. Den nehme ich und hau´ ihn mit den anderen Jungs bei einem Urlaub in Südostasien für Nutten auf den Kopf."
- "WAS? WAS WOLLEN SIE MACHEN? SIE SIND EIN MANN!!"
- "Zügeln Sie sich! Heute ist Tag der Antragstellung und heute bin ich eine Frau. Wollen Sie mir mein künftiges Geschlecht etwa vorschreiben? Wie heißen Sie nochmal? Ich beschwere mich bei der Gleichstellungsbeauftragten, informiere die Antidiskriminierungsstelle und mache den Fall bei der Universität der Professorin für Genderwissenschaft bekannt! Was erlauben Sie sich eigentlich?"
- "Ja, schon gut, beruhigen Sie sich. Ich habe es nicht so gemeint. Wir sind alle nur Menschen."
- "Na, das will ich aber auch meinen!"

Mein Antrag auf Frauenförderung für Selbständigkeit mit Östrogenhintergrund ging durch. Die Jungs und ich haben das auch zünftig gefeiert. Mit ein paar Mädels, die richtig gut aussahen. Die Frösche sind immer noch grün. Letzte Woche habe ich unter Berufung auf internationale Genderverträge gerichtlich durchgesetzt, dass mir die Fördergelder nach Südostasien überwiesen werden, weil es aus ökologischen Gründen notwendig sei, in Südostasien mit der Froschmalerei anzufangen und sich von dort aus sukzessive bis Mitteleuropa vorzuarbeiten. Ich bin rundum zufrieden mit meinem geschäftlichen Erfolg