Der Apfelstrudel ist ein Nazi

16.07.2013 19:30

Wer erinnert sich noch an den bizarrsten Eklat des Jahres 2008? Das war, als in einer belgischen Kochshow Hitlers Lieblingsspeise "nachgekocht" worden ist: Forelle in Buttersauce. In der BILD hieß es damals wörtlich:

"Für die „Forelle in Buttersoße“ ist TV-Koch Jeroen Meus (30) extra nach Berchtesgaden (Bayern) gefahren, hat den Fisch selbst geangelt. Zubereitet hat Meus das Mahl dann in Hitlers Adlernest auf dem Obersalzberg.

Die jüdische Gemeinschaft ist schockiert, sprach sich öffentlich gegen die Übertragung aus."

Dieser Fall hat mich als alten Antifaschisten und Forellenfan damals entsetzt. Wie hat es passieren können, daß die Forelle der Entnazifizierung entgangen war? Wie viele dieser braunlinken Drecksfische hatte ich ahnungslos verspeist? Um skandalöse Überraschungen dieser Art fürderhin auszuschliessen, startete ich eigene Recherchen. Welche Speisen mochte Hitler noch? Was war den schlampigen Simon Wiesenthals der Kochkunst noch alles durch die Lappen gegangen? Ich wurde fündig: Der Apfelstrudel lebte ebenfalls als Nazi im kulinarischen Untergrund. Meine antifaschistische Welt geriet ins Wanken. Nach meiner geliebten Forelle sollte ich nun auch noch auf den Apfelstrudel verzichten? Ich beschloß, den Apfelstrudel im Untergrund zu belassen und ihn zukünftig nur noch ganz leise zu bestellen.

Und dann das: Ich saß in einem Gartenrestaurant in Berchtesgaden, war gerade mit den Fischstäbchen fertig, welche garantiert forellenfrei gewesen sind und flüsterte der Kellnerin zu:"Psssst! Einen Apfelstrudel, bitte!" Was aber macht dieses unsensible Nazitrampel? Blökt mich an, weil es mich nicht richtig verstanden hatte: "Wos woin´s? An Opfistrudi?" - Meine Güte, war mir das peinlich! An den Nebentischen flogen ruckartig die Köpfe herum und alle stierten mich grimmig entschlossen an, den nackten Antifaschismus im Gesicht. Mir ging die Muffe. Wenn ich jetzt nicht sofort richtig reagierte, würden alle über mich herfallen. Ich sprang so heftig von meinem Stuhl auf, daß er krachend umfiel, mimte überzeugend den Empörten, indem ich das Tischtuch herabriß und zu Boden schleuderte, trampelte dann auf dem Tuch herum und schrie die Bedienung an: "Was bilden Sie sich überhaupt ein? Wie können Sie es wagen, mich mit dieser süßlichen Nazischeiße zu belästigen? Putzen Sie sich gefälligst mal die Ohren aus! Ich habe ausdrücklich KEINEN Apfelstrudel bestellt! Und jetzt bringen Sie mir endlich mein Mandelbrot zum Nachtisch!"

Mit flackernden Augen blickte ich in die Runde. Das war gerade nochmal gutgegangen. Die Leute an den anderen Tischen widmeten sich wieder ihren eigenen Angelegenheiten. Kurz danach kam dann das Mandelbrot. Ich hasse Mandelbrot. Stückchen für Stückchen habe ich es dann in meiner Jackentasche verschwinden lassen, bin weiter zum Königssee gefahren und habe es dort an die Forellen verfüttert.